Ein Abend im Herbst

Sie saß vor dem Kamin und freute sich, dass die ersten kalten Herbsttage nach langem Warten endlich angekommen waren. Für sie war es die ideale Begründung den Kamin anzuzünden. Es war ein wunderbares Gefühl gewesen, nach dem endlosen Sommer die Holzscheite zu entzünden.

Sie nahm ihre Tasse zur Hand. Inzwischen war der Tee etwas abgekühlt, sodass sie ihn trinken konnte. Langsam rührte sie ihn um, damit sich der Kandis auflöste.

Es war ein Genuss, wie die Wärme des Feuers sie von außen und der Tee von innen wärmte.

Für den perfekten Kaminabend fehlte nur noch die passende Lektüre. In den letzten Tagen hatte sie wenig Zeit für ihren Roman gehabt. Jetzt nahm sie das Buch zur Hand, in Vorfreude auf das Schaudern, das sie beim Lesen verspüren würde. Sie blätterte einige Seiten in dem Buch und legte es dann zur Seite, denn sie beobachtete lieber das Feuer im Kamin, das ihr eine tiefe Ruhe verschaffte.

Sie genoss die Stille, die durch das Prasseln des Feuers noch intensiver spürbar war.

Mit leisem Bedauern dachte sie daran, dass die Tage, die sie mit ihrem Ehemann im Garten in der Sonne verbracht hatte, vorbei waren. Beide liebten den Sommer, wenn alles blühte und grünte. Besonders die Rosen verbreiteten einen geradezu hypnotischen Duft.

Aber inzwischen war es zu kalt, um draußen im Garten zu sitzen.

Sie trank noch einen Schluck Tee. Diese Atmosphäre vor dem brennenden Kamin war viel schöner als die heißen Sommertage.

Die Funken flogen und das Holz knisterte, während ein weiteres Scheit verbrannte.

Sie blickte gebannt ins Feuer, wo zwischen Holzscheiten leere Augenhöhlen aus einem Schädel starrten.

Vergnügt dachte sie, dass ihrem Mann im Kamin bestimmt auch nicht kalt war.

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