Bettina blickt ihren Mann an und denkt: du bist so alt geworden.
Gutaussehend war er nie gewesen, aber das war für sie auch kein entscheidendes Kriterium gewesen, als sie ihn vor 25 Jahren heiratete. Sie wollte versorgt sein.
Ihr Studium hatte sie damals gerade abgeschlossen, aber ihre beruflichen Aussichten waren schlecht. Sie wollte finanziell unabhängig von ihren Eltern sein, deren Liebe einzig der jüngeren Schwester galt.
Bettina fand über eine Bekanntschaftsanzeige in der Lokalzeitung ihren faden, mit durchschnittlicher Intelligenz gesegneten Ehemann.
Zwar hatte sie sich eigentlich etwas Besseres versprochen, aber in der Not tat es auch der Typ mit den unattraktiven Zahnlücken.
Er hatte eine eigene Wohnung und einen ordentlich bezahlten Job.
Drei Kinder habe ich dir geboren, denkt sie, als sie ihn nochmals ansieht. Ich habe dir so viel gegeben.
Sie beschließt, endlich das Leben zu beginnen, das ihr zusteht.
Sie hatte sich einen Liebhaber gesucht, denn ihr Liebesleben konnte definitiv eine Auffrischung vertragen.
Bettina liebte die Heimlichkeiten, das Verbotene und die Ausreden.
Leider gab ihr die Affäre außer dem Geschmack des Verbotenen nichts.
Der Liebhaber war in jeder Hinsicht durchschnittlich und versuchte noch dazu, sie äußerlich nach seinen Vorstellungen zu optimieren.
Das prickelnde Geheimnis wurde langsam zu einem abgestandenen Fehltritt.
Sie blickt wieder zu ihrem ahnungslosen Mann zu, der sie aus seinen treuen Augen anblickt, aber sie hat die Freiheit probiert und liebt sie.
Bettina will Thomas nicht unglücklich machen. Er ist ein wirklich netter Mensch. Aber…
Sie steht auf, um in die Küche zu gehen.
„Schatz, möchtest du etwas trinken?“ fragt sie ihn.
„Das ist sehr nett von dir. Gerne ein Glas Wasser, bitte.“
In der Küche nimmt sie ein Glas und füllt es am Wasserhahn mit kaltem Wasser. Dann holt sie aus ihrer Hosentasche ein Fläschchen mit einer Flüssigkeit heraus.
Es wäre fies, ihm das Herz zu brechen.
Sie träufelt einige Tropfen der Flüssigkeit in das Wasserglas.
So war es viel besser. Humaner.
Er würde kaum leiden, das Herz würde langsamer werden und kurz darauf aufhören zu schlagen.
Sie trägt das Glas ins Wohnzimmer.
Ihr Mann blickt dankbar auf das Gefäß in ihren Händen. „Vielen Dank meine Liebe, ich habe solchen Durst.“
Er trinkt das Glas mit einem Schluck leer.
Sie lächelt ihm zu: „Für dich mein Schatz, du hast es verdient, du warst immer so gut zu mir.“ Jetzt müsste sie eigentlich noch ein wenig warten, bis sie den Notarzt ruft. Sie will nicht, dass dieser ihren Mann rettet, sonst würde Thomas letztendlich doch noch leiden.
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